Diese E-Mail war nie für die Öffentlichkeit bestimmt. Im März 2023, kurz bevor die Wirtschaftshochschule ESMT eine Kooperation mit dem ungarischen Mathias Corvinius Collegium (MCC) einging, fragte die Berliner Privat-Uni das Auswärtige Amt an, wie das MCC einzuschätzen sei. Schließlich ist es eng mit dem ungarischen Ministerpräsidenten und umstrittenen Rechtspopulisten Viktor Orbán verbunden.
Das MCC sei eine „Kaderschmiede der Regierungspartei Fidesz“, gab die deutsche Botschafterin in Ungarn, Julia Gross, zur Antwort. Fidesz ist die rechts-konservative Partei von Orbán, dessen Regierung immer wieder Grundwerte der Europäischen Union verletzt. Das MCC sei inhaltlich voll „auf Regierungs- bzw. Fidesz-Linie“.
Die Botschafterin stellte in dem Schreiben, das CORRECTIV exklusiv vorliegt, unmissverständlich fest: „Das MCC ist eine Propaganda-Schule.“
Die Berliner Elite-Hochschule EMST pflegt dennoch bis heute auf mehreren Ebenen enge Verbindungen mit dem umstrittenen Institut und profitiert finanziell.
Das ungarische MCC-Institut lädt Klimaskeptiker ein, die Pläne für mögliche Amtszeit von Trump entwerfen
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Unter anderem lud das ungarische Institut einen Klimaskeptiker der Heritage Foundation ein. Die amerikanische Stiftung hatte kürzlich eine umstrittene Agenda für eine mögliche Amtszeit von Donald Trump entworfen.
Seit einem Jahr studieren ungarische Stipendiaten im Rahmen eines Kooperations-Programms an der ESMT. Das ungarische MCC übernimmt ihre Studiengebühren. Außerdem finanziert das Orbán-nahe Institut einen der elf Lehrstühle an der Berliner Privat-Hochschule in Form einer Stiftungsprofessur. Die Verbindungen sind sogar so eng, dass das MCC einen Platz im Internationalen Beirat der Berliner Hochschule erhielt – für Zoltán Szalai, den Generaldirektor des MCC.
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Die ESMT verteidigt die Bildungs-Kooperation. Man wolle „europäische, freiheitliche und demokratische Werte“ stärken […] Dabei schlage man bewusst Brücken hin zu Ländern, „die sich von unserem vielfach unterscheiden.“ Die genaue Summe, die vom MCC nach Berlin fließt, will die Hochschule nicht publik machen und ließ Fragen dazu unbeantwortet. Die Studierenden würden aber unabhängig davon, wie ihr Studium an der ESMT finanziert wird, „mit unseren Werten vertraut“ gemacht, die Lehre bliebe in jedem Fall unabhängig.
Insider bezeichnen die MCC-Seminare als „fortgeschrittene Indoktrination“
Bei den Veranstaltungen würden vor allem rechts-konservative Meinungen etwa zu Migration oder Gender-Themen vertreten. Auch bekannte Skeptiker des menschengemachten Klimawandels gehören zu seinen Gästen. Auf seiner Webseite beschreibt das MCC seine Werte als patriotisch und brüstet sich damit, der größte außerschulische Bildungsanbieter in Ungarn und Anrainer-Regionen zu sein.
An der Berliner ESMT-Privatuni finanziert das MCC auch die Professur des ungarischen Wirtschaftswissenschaftlers Zoltán Antal-Mokos. Antal-Mokos hat laut seiner Webseite seit 2013 keine wissenschaftliche Arbeit mehr veröffentlicht und seit 2004 keinen Doktorandinnen und Doktoranden mehr betreut. Zu seinen Interessen zählt er seiner eigenen Auskunft nach „Bildung, Gas und Öl“.
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Das Institut finanziert sich auch durch einen zehnprozentigen Anteil am ungarischen Öl-Konzern MOL. Die Importe von russischem Öl nach Ungarn nahmen nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sogar noch zu.
Die deutsche Botschafterin schreibt in ihrer Einschätzung, die CORRECTIV vorliegt, es gelänge dem MCC, deutsche Redner „aus dem konservativen bis sehr konservativen Spektrum“ zu gewinnen. Es betreibe im Sinne der Regierungslinie Orbáns „aktive und effiziente Propaganda“.
MCC fordert Ende der Brandmauer zur AfD
Zu den jüngsten AfD-Erfolgen hat das Brüsseler Büro des MCC einen klaren Vorschlag: Nach den Wahlerfolgen der Partei in Thüringen und Sachsen warnt es auf X (ehemals Twitter) davor, AfD-Wähler mit Nazis zu vergleichen und plädiert zugleich dafür, die AfD in eine Regierung einzubinden: Halte man die „Brandmauer“ zur AfD weiter aufrecht, „blieben die Probleme, die den Aufstieg der AfD überhaupt erst ermöglicht haben, ungelöst“. Die Wahl habe die Sorge vor Zuwanderung und „grüner Politik“ gezeigt und sei das Ende der „Quarantäne für Debatten über Migration und nationale Identitäten.“ Das sei eine „gute Sache“.
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[Das deutsche Aussen-]Ministerium […] schreibt: „Das Auswärtige Amt unterstützt das MCC nicht.“
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