Das hört sich nach einer soliden Position an. Schade das damit effektiv eine Stimme aus dem Bundestag verschwindet die sich tatsächlich eher dem eigenen Gewissen als der Partei verpflichtet fühlt, aber wenn sie auch schon findet das es nichts bringt…
Bin ich auch hier gespannt was als nächstes passiert.
Finde, dass sie überreagiert. Es müssen eben auch Mal Kompromisse gemacht werden, wenn man das Land mitgestalten will. Ich denke, ohne die Grünen würden wir jetzt deutlich schlechter da stehen.
Kompromisse heißt aber nicht Rückschritte, sondern vielleicht mal kleinere, langsamere Fortschritte alda man eigentlich möchte.
Am Ende ist es scheißegal, wer “Ausländer raus” fordert oder umsetzt und Stimmung gegen Migranten mit anheizt oder zulässt.
taz: Frau Bayram, Sie treten bei der Bundestagswahl nicht mehr für die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg an. Wieso?
Canan Bayram: Zum einen ist für mich der Kreisverband nicht mehr so im Wahlkreis vernetzt, wie ich das von früher aus Zeiten meines Vorgängers Hans-Christian Ströbele her kenne und ich das für meine politische Arbeit bräuchte. Auch gab es interne Vorkommnisse, die dazu führen, dass ich Menschen mit Migrationshintergrund nicht mehr versprechen kann, dass sie mit ihren Problemen kommen können und einen diskriminierungsfreien Raum vorfinden. Des Weiteren kann ich in Teilen nicht mehr sagen, was überhaupt noch grüne Positionen sind.
taz: In der Politik von Fraktion und Bundespartei?
Bayram: Auf allen Ebenen meine ich das. Mein Anspruch an Politik ist es, aus dem Wahlkreis die Fragen ins Parlament und die Fraktion zu tragen und dann die Antworten auch aus grüner Programmatik zu geben. Manchmal finde ich da noch Antworten, aber immer öfter tun sich da Widersprüche auf, die ich nicht mehr auflösen kann, sodass ich den Menschen nicht mehr erklären kann, wofür die Grünen eigentlich stehen.
… taz: In welchen Punkten sind Sie noch enttäuscht vom Kurs der Partei?
Bayram: Die soziale Frage, zu der auch das soziale Mietrecht gehört, das Migrationsthema, es sind sehr viele Themen, die sich auch exemplarisch in meinem Wahlkreis widerspiegeln. Was mich besonders stört, ist, dass wir uns als Grüne einmal in Politikfeldern wie Innen- oder Kriminalpolitik an evidenzbasierten inhaltlichen Lösungen orientiert haben. Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass wir uns viel mehr an populistischen Diskursen beteiligen, statt die eigentlichen Lösungen zu diskutieren.
taz: Das linke Feigenblatt wollen Sie nicht mehr sein?
Bayram: Bei Abstimmungen etwa zum Sondervermögen für die Bundeswehr oder zur Aufweichung des Klimaschutzgesetzes wird gesagt, bei uns stimmen auch Leute dagegen. Ich kriege dann haufenweise positive Zuschriften von Parteimitgliedern. Aber ehrlicherweise weiß ich, der Umstand, dass ich dagegen gestimmt habe, hat faktisch für die Fraktion kein großes Nachdenken ausgelöst. Man schmückt sich mit mir als Feigenblatt, aber dafür gebe ich mich nicht mehr her.
Und mal konkret gefragt. Die FDP und SPD haben bei sämtlichen Grünen Themen geblockt. Die Grünen haben dagegen die meisten Verschlechterungen bei Bürger und Menschenrechten, Klimaschutz und Infrastruktur mitgetragen.
Wie hätte es schlimmer kommen sollen, außer Scholz hätte FDP und Grüne abgesägt und sich wieder eine GroKo rangeholt? Das halte ich für noch unplausibler, als die ständigen Androhungen der FDP, die Koalition vorzeitig zu kippen, um dann unter 5% zu landen.
Ohne die Grünen hätte man z.B. wieder die blöde GroKo bekommen können. Da wäre alles noch viel schlimmer geworden. Grüne Themen wären nichtmal aufgekommen.
Die GroKo hat verbindliche Sektorziele geschaffen. Die Grünen haben sie in der Ampel mit abgeschafft.
Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass wir uns viel mehr an populistischen Diskursen beteiligen, statt die eigentlichen Lösungen zu diskutieren.
Erst überlässt man den Rechten jahrelang kampflos den Diskurs, bis sie alles übertönen und die Wähler so verdummt sind, dass sie anfangen alles abzustrafen, was nicht ins Gegröhle einstimmt.
Und dann weint man rum und hört auf, weil man das ja so nicht gewollt hat.
Linke Kompetenz in Deutschland wie aus dem Lehrbuch…